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Punktverlust auf der Schützenwiese

23.09.2013 00:00:00

Servette „Schiesst sich nicht frei“ 

Der Fehlgriff in letzter Minute: (landbote.ch / 23.09.2013 09:26 Uhr)

 

Der FCW verliert nach 25 Minuten Patrick Bengondo durch Platzverweis und in der 90. Minute zwei Punkte durch Servettes 1:1. Das war ein weiterer ärgerlicher Rückschlag.

 

Zum fünften Mal in dieser Saison spielte der FCW in der Liga nicht gegen Tessiner. Zum dritten Mal aber hatte er denselben Schiedsrichter – aus dem Tessin, Luca Gut aus Giubiasco. Der pfiff in der 2. Runde in Biel einen Elfmeter gegen Patrick Bengondo und einen Platzverweis gegen Janko Pacar, den er sehr wohl hätte bleiben lassen können. Der gab in der 7. Runde im Heimspiel gegen Wil das Siegestor der St. Galler, obwohl die meisten – wie man später beim Videostudium feststellen musste – wohl ein Foul an Torhüter Christian Leite geahndet hätten. Und der stand nun im nächsten Match des FCW schon wieder auf der «Schützi». 

 

25 Minuten waren gespielt, als Bengondo und sein deutscher Gegenspieler Nicklas Dams nach einem Zweikampf nahe der Mittellinie zu Boden gingen. Dams blieb liegen, man musste annehmen, er sei hart getroffen. Von der Seitenlinie meldete sich Guts Assistent Alessandro Poli und wies seinen Kollegen auf dessen wiederholtes Nachfragen an, er habe Rot zu zeigen. Einen Ellbogenschlag in den Bauch Dams’ hatte Poli offenbar gesehen. «Ich habe», sagte Bengondo später, «sicher nicht mit dem Ellbogen geschlagen. Ich stecke immer viele Schläge ein, ohne zu reagieren.» Das unterscheide ihn auf jeden Fall von Dams: «Er hat sein Theater gut gespielt.» Und dann sagte Bengondo noch, was sie im FCW-Camp grundsätzlich dachten: «Es ist doch nicht normal, dass immer derselbe Schiedsrichter pfeift.» 

 

Fakt war, obwohl von der Tribüne aus nichts Schlüssiges zu sehen gewesen war, dass der FCW fortan ohne seinen Stürmer auskommen musste, dessen Spielweise in der Tat sehr physisch ist, aber auch sehr physische Gegenwehr provoziert. Die einen Schiedsrichter kommen mit diesen Anforderungen eindeutig besser zurecht als andere – wie Gut. 

 

Aratores Einzelleistung 

 

Immerhin, der FCW ging mit einem Bonus in die Fortsetzung, die schliesslich 70 Minuten währen sollte. Denn er führte seit der 7. Minute 1:0, seit einer ausgezeichneten Einzelleistung Marco Aratores, der auf der linken Flanke zuerst Verteidiger Christopher Routis, als sei es das Einfachste der Welt, überlaufen und danach den Ball präzis in die weitere Torecke geschlagen hatte. Der FCW kämpfte stark um seinen Vorsprung. Auf der Tribüne jedenfalls war selbst der Präsident «begeistert» vom Auftreten. 

 

Bis zur Pause erlaubten die Winterthurer den Genfern nichts. Bei Halbzeit verstärkte Servette seine Offensive nominell. Es gab nun mal gar eine Szene, als Leite einen allein vor ihm aufgetauchten Gegner stoppen musste. Aber bedrohliche Torschüsse folgten nicht, dafür weite hohe Bälle, die in aller Regel auf einem Winterthurer Kopf landeten. Es war dem FCW eigentlich nur eines vorzuwerfen: dass er seine Konter zu selten in eine gefährliche Phase vorantreiben konnte und er jene zwei, drei Chancen zum 2:0, die sich ihm nach Standardsituationen boten, nicht nutzte. So hätte Remo Freuler nach einem Eckball in der 57. Minute das 2:0 eigentlich erzielen müssen. 

 

Die FCW-Abwehr stand gut, angeführt vom starken Daniel Sereinig, den Nico Zuffi (gut) unterstützte, weil Captain Stefan Iten wie befürchtet hatte Forfait geben müssen. Der Jüngste der Zuffis stand erst zum zweiten Mal in der Challenge-League-Startelf. Die Positionen der Aussenverteidiger hatte Trainer Boro Kuzmanovic übrigens kurzfristig umbesetzt. Simon Grether verteidigte rechts, Patrik Schuler erstmals überhaupt links. Sie taten es gut. 

 

Es wurde aber auch im Mittelfeld aufopferungsvoll gearbeitet. Gianluca D’Angelo entwickelte in dieser Spezialsituation jenen Biss, den man von ihm bisher öfter vermisst hatte. Mal ging er allerdings so weit, dass ihn ein Platzverweis hätte treffen können – mutmasslich eher als den Kollegen Bengondo. Verwarnt wurde er aber doch, weshalb am Donnerstag in Wohlen nicht nur «Bengo», sondern auch D’Angelo gesperrt fehlen wird. Ab der 66. Minute war erstmals Antonio Marchesano zu sehen anstelle Aratores, der nicht mehr die gewünschte Entlastung bieten konnte und dennoch – wie Kris Kuzmanovic – eher zu früh herausgenommen wurde. Marchesano reichte die Zeit, dass auch das Winterthurer Publikum erkennen konnte, es sei hier ein guter neuer Mann verpflichtet worden. Ein kleiner, laufstarker mit Zug aufs Tor. 

 

Leites Selbstkritik 

 

Trotz klarer feldmässiger Dominanz Servettes, die allerdings allmählich in Verzweiflung auszuarten schien, verdichtete sich der Eindruck, der FCW bringe den Sieg über die Zeit. Bis die 90. Minute angebrochen war, ein nächster «Ballon» in den Winterthurer Strafraum flog. Leite kam aus dem Tor, wollte den Ball fangen, schaffte es aber nicht. Der flog stattdessen auf den Fuss Geoffrey Tréands, und der traf durch viele Beine hindurch zum 1:1. Für die Genfer war es eine Erlösung, für Leite der zweite Missgriff nach jenem beim 1:2 gegen Wil. Wie damals, als er nicht mal auf ein Foul hinweisen mochte, sagte er: «Es war klar mein Fehler. Das Timing stimmte zwar, nur hatte ich den Ball nicht …» 

 

Die Leistung Servettes rechtfertigte den Punktgewinn eigentlich nicht, aber Tatsache war er. Sie hatten zwar ebenfalls gefightet, spielerisch aber bedenklich viele Mängel gezeigt, wie hinterher auch ihr Trainer Jean-Michel Aeby beklagte. Ihr serbischer Linksverteidiger Neven Markovic war schwächster Mann auf dem Platz; einen, der so schlecht spielte, hat man auf der «Schützi» lange nicht mehr gesehen. Auch Pascal Zuberbühler wusste, «dass dies für uns kein Fortschritt war». Es sei eine «schlechte Leistung» gewesen nach dem «Platzverweis, der uns eher geschadet hat». 

 

Auch Mario Cantaluppi, Aebys und Zuberbühlers neuer Partner, stellte fest, es gebe noch viel zu tun. Der neue Assistent, von «Zubi» am Donnerstag angefragt, war der Mannschaft erst an der Teamsitzung vor dem Match vorgestellt worden und setzte sich danach gleich auf die Bank. Nach Punkten ist Servette danach zwei Längen vor dem FCW. Für den war dieses Resultat zwar eine weiterer Rückschlag, die Leistung diesmal nicht. / http://www.landbote.ch  

 

 

FC Winterthur – Servette FC 1:1 (1:0)

 

Schützenwiese : 3‘200 Zuschauer

Schiedsrichter : Luca Gut ; Alessandro Poli, Julien Mora

Tore : 6’ Aratore (1:0), 89’ Tréand (1:1)

 

Servette FC : Müller ; Sauthier, Routis, Dams, Markovic ; Doumbia (80’ Moutinho), Mfuyi (46’ Bua) ; Tréand, Pasche, Crettenand ; Tadic (46’ Placca)

 

FC Winterthur : Leite ; Grether, Sereinig, Zuffi, Schuler ; Freuler (74’ D’Acunto), D’Angelo ; radice, Kuzmanovic (70’ Pacar), Aratore (66’ Marchesano) ; Bengondo

 

Verwarnungen : 34’ Mfuyi, 38’ Sauthier, 68‘ D’Angelo, 70‘ Freuler, 73‘ Bua, 77‘ Pasche, 90‘+2 Markovic

 

Bemerkungen : Servette ohne Guedes, Hempler (Krank), Fargues, Gazzetta (Verletzt), Ben, Cespedes (Nicht im Aufgebot) ; Winterthur ohne Baumann, Exouzidis, Iten (Verletzt), Budimir, Hediger, Minder, Simijonovic (Nicht im Aufgebot)

 

 

 

Die besten Szenen der Partie gibt’s hier:

http://www.sfl.ch/fr/multimedia/video/?tx_news_pi1[news]=952&tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=022f060aee846b5b14ceeb057feca43a