Feuriger Spitzenkampf bei klirrender Kälte in Bern
Ein Spiel, das auf beide Seiten hätte kippen können
Die Siegesserie des Servette FC ist gerissen. Nicht aber die Serie der Spiele ohne Niederlage. Denn auch am gestrigen Sonntag konnte die Weiler-Truppe nicht in die Knie gezwungen werden. Seit dem 05.10.2023 und der EL-Auswärtspartie in Rom hat der SFC nicht mehr verloren.
Rund 1'000 Gästefans versammelten sich im Auswärtsblock, um das 35. Jubiläum der Section Grenat zu feiern. Bei eisigen Temperaturen im Wankdorf wollten dann auch die Servettiens mit etwas Herzerwärmendem zur Festtagsstimmung beitragen. Der Genfer im YB-Tor, Anthony Racioppi, hätte sich beinahe den Festivitäten angeschlossen. Denn ein völlig missratener Abschlag landete genau auf Stevanovics Brust. Der Bosnier reagierte etwas zu überhastet und vergab leichtfertig. Die Gäste blieben am Drücker. Einige Minuten nach der ersten Grosschance liess Blum Kutesa zu viel Platz. Der Flügelläufer kam unbehelligt zur Flanke. In der Mitte reagierte Racioppi stark auf einen Stevanovic-Volley. Der Abpraller landete aber direkt vor Bedia, der das Leder per Grätsche über die Linie drückt. Ein frühes 0:1, ein Start nach Mass!
Es schien, als würden die Grenats die frühe Entscheidung suchen. Nach dem kräftezehrenden Roma-Spiel sicherlich nicht verwunderlich. Munter tanzten sie gegen den Schweizermeister an. Mazikou zündete nach zwanzig Minuten den Turbo. Der Kongolese lanciert den mitstürmenden Stevanovic. Dieser hat genügend Raum um den Abschluss zu suchen. Der Abschluss entpuppte sich allerdings als zu wenig harmlos, um Racioppi aus der Ruhe zu bringen.
Nun meldeten sich auch die Young Boys zu Wort. Zweimal mit dem identischen Spielzug. Garcia rückt auf der linken Seite vor und flankt ins Zentrum. Dort steht Ganvoula bereit, der per Kopf den Ausgleichstreffer sucht. Zweimal rettet Frick mit starken Reflexen. Nach der Doppelchance zog Servette nochmals sein Offensivspiel auf. Kutesa zieht mit Schwung nach vorne. An der Strafraumgrenze folgt das Zuspiel auf Guillemenot. Dieser legt nochmals ab und sieht, wie Bedias Schuss genau in den Händen von Racioppi landet. Die Hausherren atmen auf, doch nicht für lange. Denn wieder rollt ein genfer Angriff auf das YB-Tor zu. Kutesa überläuft Blum. Am ersten Pfosten lauert Stevanovic, der prompt angespielt wird, dann aber seine Mühe mit der schnellen Unterlage hat. Diese Unterlage entpuppt sich auch bei angeschlagenen Spielern als störend. Guillemenot, der mit Hüftproblemen in die Partie gestartet ist, muss sich noch vor der Pause durch Antunes ersetzen lassen. Guillemenots Teamkameraden liessen sich von diesem Rückschlag nicht ausbremsen. Im Gegenteil, denn schon wieder nahm Kutesa Fahrt auf. Diesmal spielte der Schweiz-Angolaner einen Zuckerpass in die Schnittstelle. Bedia läuft sich in Amendas Rücken optimal in Position. Der Ivorer lupft die Kugel über Racioppi hinweg, trifft aber nur das Aussennetz. Es war der Schlusspunkt einer aufregenden ersten Hälfte.
Halbzeit zwei sollte ebenfalls Spektakel versprechen. Dafür sollten Saidy Janko und Jean-Pierre Nsamé sorgen, welche Raphael Wicky nun ins Spiel brachte.
Das frische Blut tat dem Angriffsspiel der Gäste keinen Abbruch. Auch in diesem Durchgang gehörte die erste gute Möglichkeit der Elf von René Weiler. Der omnipräsente Kutesa stochert die Kugel zu Camara. Der lässt sich den Ballbesitz von Antunes abknüpfen. Der Joker kommt zum Abschluss, bringt aber zu wenig Druck hinter den Ball. Racioppi blieb Herr über die Lage. Es war ein Weckruf für die Gelbschwarzen. Denn die YB-Angriffe nahmen nun zu – und sie wurden gefährlicher. Eine knappe Stunde war gespielt, da schickt Elia Ganvoula an, etwas produktives mit dem Spielgerät anzustellen. Der Stürmer nimmt die Sache ernst, schirmt gut gegen Severin an und haut die „Pille“ gnadenlos ins Tor. Das 1:1 lässt die Ostkurve explodieren. Und der Anhang der Berner erfreute sich nun einer Druckphase der ihrigen Mannschaft. Nach 69 Minuten trat Ugrinic einen Eckball auf den zweiten Pfosten. Dort stand Nsamé bereit, der Frick zu einer Glanztat zwang.
Neo-Nationalspieler Ugrinic stand nur wenige Augenblicke danach wieder im Fokus. Gegen Mazikou krallt sich der Mittelfeldmann die Kugel und geht in den Abschluss. Wieder ist Frick zur Stelle. Der Kapitän zeigt, weshalb er keineswegs ein schlechterer Torwart ist, als der verletzte Joël Mall.
Servette ging langsam die Puste aus. Genau das wollten die Bundesstädter ausnützen. Elia schlägt einen hohen Ball in die Gefahrenzone. Nsamé schraubt sich in die Luft. Wieder braucht es 110% Einsatz von Frick um den Kopfball aus der Ecke zu fischen. Der Spitzenkampf entpuppte sich zum Nervenspiel. Nsamé vergab eine weitere Kopfballchance. Und nun war der SFC wieder an der Reihe. Die ordentliche Spielzeit war gerade durch, da lenkte Rouiller einen Freistoss mit dem Hinterkopf aufs gegnerische Tor. Dort war Racioppi hellwach. Mit einem sicheren Griff entschärfte dieser die Situation. Auf der Gegenseite liess die nächste Chance ebenfalls nicht auf sich warten. Nochmals kam Nsamé im Strafraum in Ballbesitz. Der Kameruner wollte den Torerfolg gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Ex-Kollege Frick wollte genau dies verhindern – und liess Worten Taten folgen. Am kurzen Pfosten bringt der Goalie die Hand an den Ball. Damit hält er den Punkt fest und setzt ein Schlusszeichen unter diese verrückte Partie.
Das Eisbad dürfte an diesem Nachmittag entfallen sein. Denn nach dem Spiel war Aufwärmen angesagt. Mit positiven Gefühlen dürfen die Servettiens aus Bern abreisen. Nun gilt der Fokus dem nächsten Gegner. Der FC Lausanne-Sport empfängt die Genfer am nächsten Samstag zum Léman-Derby.
BSC Young Boys – Servette FC 1:1 (0:1)
Stadion Wankdorf : 31'500 Zuschauer
Schiedsrichter : Lionel Tschudi ; Matthias Sbrissa, Guillaume Maire
VAR : Sven Wolfensberger ; Jonas Erni
Tore : 8' Bedia (0:1), 58' Ganvoula (1:1)
Servette FC : Frick ; Tsunemoto, Rouiller, Severin, Mazikou ; Stevanovic, Cognat (88' Diba), Ondoua, Kutesa (88' Touati) ; Bedia (79' Bolla), Guillemenot (37' Antunes)
BSC Young Boys : Racioppi ; Blum (46' Janko), Camara, Amenda, Garcia ; Lauper ; Monteiro (46' Nsamé), Ugrinic, Colley (78' Rrudhani) ; Elia, Ganvoula
Verwarnungen : 34' Blum, 80' Antunes, 82' Camara, 87' Mazikou, 90+1 Rrudhani
Bemerkungen : Servette ohne Crivelli, Douline, Mall (Verletzt), Behrami, Diallo, Dias, Fofana, Henchoz, Kaloga, Lyng, Ndema, Onguéné, Rodelin, Salihi, Sestito, Souaré (Nicht im Aufgebot) ; YB ohne Benito, Deme, Imeri, Itten, Males, Niasse (Verletzt), Marzino, Zbinden (Nicht im Aufgebot)